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  INHALTSVERZEICHNIS
 - Englische Ausgabe   -
D I E
C A S A N O VA   T O U R .
EIN HANDBUCH  FÜR
 DEN GEBRAUCH DES PRIVATEN REISEWAGENS IM EUROPA
UND IM AMERIKA DES 18. JAHRHUNDERTS.
IM EINZELNEN:
I. Ein Begleitbuch zur "Geschichte meines Lebens"
des Venezianers Giacomo Casanova.
II. Eine Beschreibung mit Abbildungen von Reise- und anderen Wagen, einschließlich einer
"Geschichte des Englischen Coupés oder Post-Chariots".
III. Ein Reiseführer der wichtigsten Poststrassen in Europa, mit allen Poststationen;
sowie eine Einführung in die verschiedenen Reisemethoden.
IV. Ein Führer durch alle Geldsorten und ihrer Wechselkurse; erstmalig mit einer
Basiswährung, die allen Preisen hinzugefügt ist.
VON  P A B L O  G Ü N T H E R .
Vorwort von GILLIAN REES.
* * * * * * * *
Copyright by Hartmut Pablo Günther, Lindenberg 1995 / 2021.
Alle Rechte vorbehalten. Wiedergabe von Texten und Illustrationen
nur mit schriftlicher Genehmigung des Autors.
https://www.giacomo-casanova.de
Goßholzer Str. 10-14, App. 29, D-88161 Lindenberg
Tel.: 0049160 2174743 - e-mail: hartmut-pablo@gmx.de


Die Fotos des Autors sind mit PG gekennzeichnet. - Casanovas Reisewege wurden vom Verfasser in die Europe-Straßenkarte (Maßstab 1:3 Millionen) von Michelin eingezeichnet und fotografiert.
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Lister Chaise
1755 bis heute
Giacomo Casanova
geb. 2. April 1725 in Venedig
gest. 4. Juni 1798 in Dux / Böhmen

Für
meine wunderbaren Eltern,
Ingeborg und Hans Günther.
* * *
... und zur Erinnerung an meine Vorfahren
Johannes Eckart
(1725 - 1790)
Posthalter der Thurn und Taxis'schen Reichspost in
Emskirchen (bei Nürnberg) von 1758 bis zu seinem Tode.
Vermutlich traf er Casanova im Dezember 1783.
Und
Carl Wilhelm Günther
(1763 - 1842)
Pfarrer in Paderborn und Vlotho,
Verfasser von Studien- und Reisetagebüchern.
* * * * * * * *
Für Unterstützung mit Rat und Tat geht mein besonderer Dank an:
Robert Goodwin, Taynton Casanovist
Gillian Rees, Eastbourne Casanovistin
Rosalind Westwood, Halifax Wagenmuseum
Marco Leeflang, Utrecht Casanovist
Gérard Cazobon, Compiègne Wagenmuseum
Marie-Francoise Luna, Grenoble Casanovistin
Helmut Watzlawick, Vernier / Genf Casanovist
Dr. Georg J. Kugler, KHM, Wien Wagenburg Schönbrunn
Annunziata von Lutterotti-Diebler & Wolfgang Diebler, Wien
Barbara Evers-Rothgangel, Vimercate Casanovistin
Furio Luccichenti, Rom Casanovist

Stefania & Giorgio Ricci Luppis, Pasiano di Pordenone
Richard C. V. Nicoll, Williamsburg Wagenmuseum
Bernd Eggersglüß, Hirschhorn / Neckar
Horst Hoof, Wiehl Wagenmuseum
Wolfgang Katzensteiner,  Regensburg Wagenmuseum
Dr. Rudolf H. Wackernagel, München Wagenforscher

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Zum Autor: Ich wurde 1943 in Berlin geboren, meine Familie zog aber schon bald nach Heidelberg. An der dortigen Uni Studium der Germanistik, Romanistik und Linguistik. Vom 13. bis zum 53. Lebensjahr (mit Pausen) Reiter, jahrelange eigene Pferdehaltung, Wander-, Western-  und Distanzreiten (Foto). 32 Jahre (mit Pausen) gejobbt als Taxifahrer. 1965 erstes eigenes Auto, das jetzige (zwanzigste) ist ein Youngtimer Bj. 1979. - 1990 Beginn  casanovistisches, wagen- und reisehistorisches Studium. 1995 erste Ausgabe der "Casanova Tour"  mittels eines Heidelberger Copyshops. 1996 Mitwirkung bei dem niederländischen TV- Film "Come Casanova come" (Foto). - Seit 1998 wohnhaft im Landkreis Lindau/Bodensee, zunächst im Elternhaus bei meiner Mutter bis zu deren Tod 2003. - 1998 Erwerb und Restaurierung (Foto) eines einmalig seltenen "Scheunenfunds": eine original erhaltene Kalesche von ca. 1795; das einzige Pendant zu Goethes Reisewagen in Weimar. -  2000 - 2008 "Casanova Tour" online, und jetzt wieder seit 2.6.17. --- (Ich möchte mit den Hinweisen auf meine Pferde und Kutschen etc. den auch ganz praktischen Bezug zum vorliegenden Thema betonen. - Wer sich für meine eigenen 20 Autos, verbunden mit einer kleinen Geschichte der Automobilisierung in Deutschland, interessiert, kann sich diese hier unter /autos.htm ansehen. PG. 7.7.2017).
Geschichte meines Lebens / History of my life. Work in progress since Nov. 24, 2020.

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INHALTSVERZEICHNIS
(Teil I )
Vorworte.  - Zu diesem Handbuch.
"Ein hilfreiches Gewitter".

POST, ALPENPÄSSE, SCHIFFE:
Casanova und das Reisen im Jahrhundert der "Grand Tour".
    Einleitung.
Casanovas Reisemethoden.
Liste von Casanovas Reisen (Reise-Lebenslauf).
Reisearten, von Thomas Nugent.
(Teil II )
Die Post: Nationale Besonderheiten: Schweiz, Deutschland, Italien.
    Französisches Postreglement.
Kosten: 6000 PostpferdePostpferde. Postkutschen. Fuhrmänner.
    Mietwagen. Cambiatura. "Taxis". Wagenkauf.
Reiche und arme Privatwagenfahrer.
Geschwindigkeiten. Strassen. Alpenpässe. Der Mont Cenis.
Schiffe.

(Teil III )
REISEWAGEN.
Von Casanova erwähnte Wagen.
Wagen in Virginia und England.
    Bemerkungen zum Goodwin-Report.
Zweirädrige Wagen.
    Chair, Chaise, Kalesche.
(Teil IV )
Vierrädrige Wagen.
    Früher offener Reisewagen.
    Chaise, Kalesche, Phaeton.
    Karosse, Karossen-Coupé.
    Landauer.
    Berline, Berlinen-Coupé, -Kalesche, -Phaeton, -Chaise.
    Englische Coach, Englisches Coupé.
    Deutscher Reisewagen.
Postwagen und Postkutschen.
Stahlfedern.
(Teil V )
Das Englische Coupé oder Post Chariot.
    Von Casanova bis Napoléon I.
     Transport zerlegter Reisewagen.
     Napoleons Waterloo - Post-Chaise.
    Geschichte des Englischen Coupés im 18. Jahrhundert.
(Teil VI )
Casanovas Wagen.
Liste der Wagen.
    I. Seine Reisewagen zwischen 1749 und 1772.
        Wagen 1. - 7.
(Teil VII )
     Wagen 8. - 14. 
    II. Seine Wagen in Paris.
(Teil VIII )
    III. Seine Reisewagen 15. - 17., ab 1773. -  Korrespondenz beim Gebrauchtwagenkauf. -
            Die "Post der Casanovas" in Emskirchen.

(Teil IX )
POSTSTRASSEN.
Statistiken.  -  Legende.
Casanovas Reisewege (in Englisch).
    1.) Die Seereisen.
(Teil X )
    2.) London - Neapel.
(Teil XI )
    3.) Wien - Venedig. Casanovas Post-Memorandum. 4.) Venedig - Genf.
    5.) Frankfurt - Dresden.  6.) Bologna - Augsburg.
(Teil XII )
    7.) Augsburg - Paris.  8.) Wien - Paris.
(Teil XIII )
    9.) Paris - Amsterdam.  10.) Amsterdam - Genf.  11.) Brüssel - Genf.
(Teil XIV )
    12.) Genf - Florenz.  13.) London - Moskau.
(Teil XV )
    14.) Königsberg - Dresden.  15.) Paris - Madrid.  16.) Madrid - Aix-en-Provence.
    17.) Wien - Berlin.

(Teil XVI )
WÄHRUNGEN.
Mr. Nugent's Wechselkurse.
    England. Netherlands. Germany. Italy. France. Zusammenfassung.
Casanovas Geldverhältnisse.

(Teil XVII )
ANHANG.
Bibliographie.
Personenregister.
(Teil XVIII )
Register der Poststationen.

VORWORTE
I. von Gillian Rees
    Die Faszination und das Interesse an Casanovas "Geschichte meines Lebens" scheint nie enden zu wollen. 1846, nur wenige Jahre nach der deutschen Erstausgabe 1822, erschien die erste fundamentale Untersuchung seiner Memoiren; von da an nahm die Anzahl der Casanova betreffenden Werke ständig zu. Außer den 400 Ausgaben der Memoiren in über 20 Sprachen wurden Briefbände, Nachdrucke seiner anderen Werke und Teile seines Nachlasses herausgegeben. Immer weiter sind Casanovisten damit beschäftigt, in Einzeluntersuchungen sein Leben und seine Zeit zu erforschen.
    Über 3650 Bücher und Artikel sind inzwischen über diesen außergewöhnlichen Mann geschrieben worden. Sie befassen sich mit seinen Aufenthalten in verschiedenen Teilen Europas und mit besonderen Abschnitten seines Lebens; mit seinem Interesse an Frauen, Essen, Theater, Medizin, Chemie und die Kabbala, um nur einige Gebiete zu nennen; dazu kommt noch die große Anzahl von Männern und Frauen, die mit ihm befreundet waren. Viele Bücher setzen sich kritisch mit seinem Werk auseinander, andere versuchen sich an einer psychologischen Analyse seines Charakters. Ein gewaltiges Vorhaben kommt bald zum Abschluß, wenn Casanovas gesamter Nachlaß per CD-Rom jedermann zur Verfügung stehen wird.
    Der Autor des vorliegenden Buches hat seine beachtlichen Kenntnisse über historische Wagen mit seinem Interesse an den Memoiren verbunden, um einmal mehr unser Wissen über Casanova zu erweitern. Ein einzigartiges Buch, das die Privatwagen beschreibt, die Casanova besaß, die Straßen, auf denen er durch ganz Europa reiste, mit all den Umständen und Kosten, die das Reisen zur Zeit der "Grand Tour" mit sich brachte. Casanova ist der einzige, der uns eine genaue Beschreibung solch ausgedehnten Reisens im eigenen Wagen hinterließ, und der Autor legte über 10000 Kilometer zurück, um die von Casanova benutzten Poststraßen und -Stationen zu erforschen. Dieses Buch vereint erstmals eine Entwicklungsgeschichte des privaten Reisewagens im 18. Jahrhundert, speziell des Englischen Coupés, mit einer exakten, in alle Einzelheiten gehenden Beschreibung sämtlicher Reisen, die Casanova zeitlebens gemacht hat.
Gillian Rees, Eastbourne, England, Dezember 1995.
II. von Pablo Günther
    Das Zeitalter des Automobils ist von dem des von Pferden gezogenen Reisewagens durch die große Zeit der Eisenbahn getrennt. Zwischen 1860 und 1910 war dieses geniale, wenn auch öffentliche, Transportmittel für Fernreisen ohne Konkurrenz; nur einige schwerreiche Snobs reisten weiterhin von Poststation zu Poststation, Umwege in Kauf nehmend, in ihren eigenen Englischen Coupés.
    In Deutschland begann erst in den fünfziger Jahren der Gebrauch des Autos nachhaltig zuzunehmen. Deswegen, nach hundert Jahren Reisen mit der Eisenbahn, haben wir das frühere Privatwagenfahren vergessen. Wir denken höchstens noch an die "romantische" (öffentliche...) Postkutsche des 19. Jahrhunderts, und an den Postillon, der "hoch auf dem gelben Wagen" fröhlich sein Horn bläst - aber das ist eine ganz andere Sache.
    Tatsächlich ist die Freude am Fahren im eigenen Wagen, und an der Freiheit und Mobilität, die er uns gibt, keineswegs ein Lebensgefühl, das nur uns heutigen Autofahrern vorbehalten ist. Die Zeit, als es beginnen konnte, kam, als die Kutsche - nach zweihundert Jahren - technisch verbessert und in die Lage versetzt wurde, die Städte zu verlassen und weite Entfernungen auf dem gleichzeitig erweiterten Netz von Poststraßen zurückzulegen.
    Der erste mir bekannte Mensch, der im großen Stil von dieser neuen Art zu reisen ausführlichst Gebrauch machte, ist Giacomo Casanova. Das bedeutet, daß der Abenteurer aus Venedig und weltbekannte Liebhaber getrost auch als der Ahnherr von uns Autofahrern bezeichnet werden kann.
    Wie Millionen von Menschen genieße ich es, mit meinem Wagen zu fahren. Der jetzige ist mein zwanzigster - Casanova hatte immerhin neunzehn. Indem ich ihn fahrbereit vor meinem Haus stehen weiß, teile ich mit Casanova auch auf diesem Gebiet ein angenehmes Gefühl.
Pablo Günther, Heidelberg und Hergensweiler, Dezember 1995 - 2017.


ZU DIESEM HANDBUCH
Ein Handbuch - und erst recht nicht ein elektronisches - macht nicht viel Worte, sondern will übersichtlich und durch schnellen Zugriff informieren. Dieses hier behandelt vier Themenkreise, in der Reihenfolge: Reisen allgemein, Reisewagen, Poststraßen und Währungen. Was es leisten soll, wird schon auf dem Titelblatt angekündigt; dazu möchte ich zum besseren Verständnis noch hinzufügen:
I. Ein Begleitbuch zur "Geschichte meines Lebens"
des Venezianers Giacomo Casanova.
Begleitbuch meint vor allem: eine bis in alle Einzelheiten vollständige Beschreibung von Casanovas Reiseleben. Eine Reisebiographie dieser Art wurde noch nie über eine Persönlichkeit des 18. Jahrhunderts erstellt; als repräsentativ für Angehörige der oberen Gesellschaftskreise mag sie daher auch von allgemeinem Interesse für die Reiseforschung und andere Gebiete sein.
II. Eine Beschreibung mit Abbildungen von Reise- und anderen Wagen,
einschließlich einer
"Geschichte des Englischen Coupés oder Post-Chariots".
Casanovas 17 Reisewagen und die beiden Pariser Fahrzeuge werden so genau wie möglich beschrieben. Wiederum handelt es sich um eine erstmalige Untersuchung: neuzeitlicher Fahrzeuge des alltäglichen Gebrauchs hatte sich nämlich die Wagenforschung in diesem Umfang noch nicht angenommen. So war die überragende Bedeutung des "Englischen Coupés", Casanovas bevorzugter Kutsche, für das Reisen bislang unbekannt, was nun zu einer Gesamtdarstellung dieses Wagentyps führte.
III. Ein Reiseführer der wichtigsten Poststrassen in Europa,
mit allen Poststationen; sowie eineEinführung
in die verschiedenen Reisemethoden.
Casanovas Reisewege, das heißt eben: zu Lande stets über Poststraßen, werden "auf den Meter" genau dargestellt. Da er in ganz Europa herumreiste (außer in Skandinavien), kommt auf diese Weise ein großes Netz von Poststraßen zusammen, das auch von beliebig vielen Wohlhabenden und  Prominenten benutzt werden mußte, was die allgemeine Nützlichkeit des Kapitels "Poststraßen" unterstreicht. Auch hier wieder eine Rekonstruktion, die noch nie unternommen, jedoch durchaus vermißt wurde.
Wie Casanova selbst reiste und die Allgemeinheit im 18. Jahrhundert reisen konnte, wird im ersten Kapitel beschrieben.
IV. Ein Führer durch alle Geldsorten und ihrer Wechselkurse;
erstmalig mit einer Basiswährung,
die allen Preisen hinzugefügt ist.
Das Verständnis für Kosten ist bei vielen Gelegenheiten von Bedeutung, etwa um den Wert einer Ware beurteilen oder ganz allgemein Kostenvergleiche anstellen zu können. Um das zu erreichen, habe ich erstmals die wichtigsten Wechselkurse des 18. Jahrhunderts erforscht, um dann alle monetären Angaben in eine einzige zeitgenössische Einheit als Basiswährung umrechnen zu können, und zwar in den englischen Penny. Um zu einer Ahnung von damaliger Kaufkraft zu kommen, und zwar in den Bereichen Lebensmittel, Gastronomie und Wagen, ist es erlaubt, sich unter dem Penny den Euro (von 2002, und in den teuren europäischen Ländern bzw. Gegenden) vorzustellen (vgl. hier die Big Mac-Methode). Es handelt sich bei diesem Angebot also nicht um eine versteckte Umrechnung in den Euro, die selbstverständlich auch garnicht möglich ist, sondern nur um eine Gedächtnis- und Vergleichshilfe.

Ein hilfreiches Gewitter;
oder, Die Geschichte, als Casanova Casanova wurde.
[ Die Übersetzung von "calèche" in Kalesche
und der Fettdruck sind von mir.]
Pasiano di Pordenone, Mai 1742.
Von der Villa Gozzi in Visinale (Foto: PG) ...
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(Geschichte meines Lebens, Bd.1, Kap.V)     Am Himmelfahrtstag machten wir alle der Signora Bergalli[Gasparo Gozzis Frau, in ihrer Villa in Visinale], die bei allen italienischen Dichtern berühmt war, einen Besuch. Als wir nach Pasiano zurückfahren mußten, wollte die hübsche Pächtersfrau in den viersitzigen Wagen steigen, in dem schon ihr Gatte mit ihrer Schwester Platz genommen hatte, während ich ganz allein in einer zweirädrigen Kalesche saß. Ich beschwerte mich vernehmlich über dieses Mißtrauen; die Gesellschaft hielt ihr vor, sie dürfe mir diesen Schimpf nicht antun. Daraufhin kam sie zu mir, und da ich dem Kutscher gesagt hatte, ich wolle auf dem kürzesten Weg fahren, trennte er sich von allen anderen Wagen und schlug den Weg durch den Wald von Cecchini ein.
    .    .    .
... in einer zweirädrigen Kalesche ...
[ Bild links: Stich von  Jules Adolphe Chauvet, 1876. Aus:  Casanova in Bildern, Munich 1973. - Foto rechts: PG.]
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    Der Himmel war klar, aber in weniger als einer halben Stunde zog eines jener typischen italienischen Gewitter auf, die eine halbe Stunde dauern, anscheinend Himmel und Erde erschüttern und dann spurlos verschwinden; der Himmel ist wieder klar, und die Luft hat sich abgekühlt, so daß sie gewöhnlich mehr Nutzen als Schaden bringen.
    "Ach, mein Gott!" sagte die Pächtersfrau. "Wir kommen in ein Gewitter."
    "Ja, und obwohl die Kalesche ein Dach hat, wird der Regen leider Ihr Kleid verderben."
    "Was kümmert mich das Kleid? Ich habe Angst vor dem Donner."
    "Verstopfen Sie sich die Ohren."
    "Und der Blitz?"
    "Kutscher, wir wollen uns irgendwo unterstellen."
    "Häuser gibt es erst eine halbe Stunde von hier", antwortete er mir; "und in einer halben Stunde ist auch das Gewitter vorüber."
        Mit diesen Worten fährt er gemächlich seines Weges weiter, und schon folgt Blitz auf Blitz, der Donner grollt, und die arme Frau zittert. Der Regen setzt ein. Ich ziehe meinen Mantel aus, um uns beide damit zu schützen; da flammt der Himmel taghell auf, es blitzt, und hundert Schritte vor uns schlägt es ein. Die Pferde bäumen sich, und meine arme Begleiterin zuckt krampfhaft zusammen. Sie wirft sich an meine Brust und umklammert mich ganz fest mit ihren Armen. Ich bücke mich nach dem Mantel, der auf den Boden gefallen war, und als ich ihn aufhebe, erwische ich zugleich ihre Röcke. Sie will sie gerade wieder herunterstreifen, da fährt erneut ein Blitz nieder, und vor Schrecken kann sie sich nicht rühren. Ich will den Mantel über sie breiten und ziehe sie näher zu mir heran, so daß sie buchstäblich und mit meiner Hilfe rittlings auf mich fällt. Da ihre Stellung nicht günstiger sein kann, verliere ich keine Zeit, sondern tue so, als greife ich nach meiner Uhr im Hosenbund, und nutze die Gelegenheit.

... durch den Wald von Cecchini ...
.
    Es wird ihr klar, daß sie, wenn sie mich nicht augenblicklich daran hindert, sich nicht mehr wehren kann. Sie macht eine Anstrengung; aber ich sage ihr, wenn sie sich nicht ohnmächtig stelle, werde sich der Kutscher umdrehen und alles sehen. Bei diesen Worten lasse ich sie mich beschimpfen, soviel sie will, halte sie im Rücken fest und trage den vollständigsten Sieg davon, den jemals ein gewandter Gladiator davongetragen hat.
    Der Platzregen und der Gegenwind waren so stark, daß sie nichts tun konnte, als mir erbittert vorzuhalten, ich bringe sie um ihre Ehre, denn der Kutscher müsse sie doch sehen.
    "Ich sehe ihn", erwiderte ich; "er denkt garnicht daran, sich umzudrehen. Und wenn schon, der Mantel deckt uns beide vollkommen zu. Seien Sie gescheit und spielen Sie die Ohnmächtige, denn loslassen werde ich Sie bestimmt nicht."
    Sie fügte sich und fragte nur, wie ich dem Blitz mit solcher Verruchtheit trotzen könne. Ich erwiderte, der Blitz sei mit mir im Bunde; sie war beinahe versucht, das zu glauben, und hatte fast keine Angst mehr. Als sie meine Ekstase sah und spürte, fragte sie mich, ob ich nun fertig sei. Ich lachte und sagte nein, denn ich wollte vor dem Ende des Unwetters ihr Einverständnis erreichen. "Sträuben Sie sich nicht, oder ich lasse den Mantel fallen!"
    "Sie sind ein schrecklicher Mensch, Sie haben mich für den Rest meines Lebens unglücklich gemacht. Sind Sie jetzt zufrieden?"
    "Nein."
    "Was wollen Sie noch?"
    "Eine Flut von Küssen."
    "Ich Unglückliche! Also, da haben Sie, was Sie wollen."
    "Sagen Sie, daß Sie mir verzeihen. Geben Sie zu, daß ich Ihnen Freude mache."
    "Ja, Sie sehen es doch. Ich verzeihe Ihnen."
    Dann trocknete ich sie ab, und als ich sie bat, mir denselben Gefallen zu tun, sah ich, daß sie lächelte.
    "Sagen Sie, daß Sie mich lieben", verlangte ich.
    "Nein, denn Sie sind ein gottloser Mensch, und die Hölle erwartet Sie."
    Nachdem ich sie auf ihren Platz zurückgesetzt und das Unwetter sich verzogen hatte, versicherte ich ihr, der Kutscher habe sich nie umgedreht. Unter Scherzen über das Abenteuer und Handküssen sagte ich ihr, ich sei davon überzeugt, daß ich Sie von ihrer Gewitterangst geheilt hätte, daß sie aber niemandem das Geheimnis verraten werde, wem sie diese Heilung verdanke. Sie erwiderte, auf jeden Fall sei sie sicher, daß noch nie eine Frau durch ein solches Mittel geheilt worden sei.
    "Das muß im Lauf von tausend Jahren eine Million Male vorgekommen sein", sagte ich. "Ich gestehe Ihnen sogar, daß ich damit gerechnet hatte, als ich in die Kalesche stieg; denn mir schien es das einzige Mittel zu sein, in Ihren Besitz zu gelangen. Glauben Sie mir, auf der ganzen Welt gibt es keine einzige furchtsame Frau, die in Ihrer Lage zu widerstehen gewagt hätte."
    "Das mag sein; aber in Zukunft werde ich nur noch mit meinem Mann fahren."
    "Wie ungeschickt von Ihnen; denn Ihrem Mann wird es garnicht einfallen, Sie zu trösten, wie ich es getan habe."
    "Auch das ist wahr. Mit Ihnen gelangt man zu ungewöhnlichen Erkenntnissen; doch verlassen Sie sich darauf, daß ich nie wieder mit Ihnen zusammen reisen werde."
    Unter anregenden Gesprächen langten wir noch vor allen anderen in Pasiano an. Kaum war sie ausgestiegen, lief sie in ihr Zimmer und schloß sich ein, während ich nach einem Scudo für den Kutscher suchte. Der lachte.
    "Worüber lachst Du?"
    "Das wissen Sie genau."
    "Hier, nimm den Dukaten. Aber halte den Mund."
... zur Villa Montereale in Pasiano.

POST, ALPENPÄSSE, SCHIFFE:
Casanova und das Reisen im Jahrhundert der Grand Tour.
Sie sind achtundvierzig Stunden gereist,
ohne sich je aufzuhalten.
Was für ein großer Reisender Sie sind!
Francesca Buschini in einem Brief von 1783 an Giacomo Casanova.

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Zwei junge Damen fahren entspannt an der Cote d'Azur entlang, auf ihrer Grand Tour nach Rom im Jahre 1860. Sie reisen mit einer "English Coach", etwa wie sie das Bild darunter zeigt. Hundert Jahre vorher reiste Casanova ebenso, relaxed und in einem englischen Wagen sitzend.
Oben: Gemälde von Augustus Egg, 1860 (Ausschnitt); aus: Zwei Jahrhunderte Englische Malerei, München 1980. - Unten: "Royal state carriage" im englischen Stil, gebaut von der schwedischen Hofsattlerei am Ende des 18. Jahrhunderts. Foto: Livrustkammaren, Strömsholm.
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Einleitung.
   Der Begriff der Grand Tour stammt aus England, der vorherrschenden touristischen Nation des achtzehnten Jahrhunderts. Unter der Grand Tour verstand man die große kontinentale Rundreise mit dem Hauptziel Italien. Es galt, dorthin möglichst schnell zu gelangen, was für Engländer einen schon geradezu standartisierten Reiseverlauf zur Folge hatte. In Dover schiffte man sich nach Calais ein, durchquerte Frankreich über Paris und Lyon, überschritt die Alpen am Mont Cenis, um dann mit Turin das erste große italienische Ziel erreicht zu haben. Es ging dann weiter nach Piacenza, Parma und Bologna, von wo man über den Appenin Florenz, und durch die Toskana endlich Rom erreichte. Ein Ausflug nach Neapel war obligatorisch (vgl. "Poststrassen", London - Neapel). Auf der Rückreise wollte man in der Regel den berühmten Wallfahrtsort Loreto bei Ancona besuchen, um sich anschließend in Richtung Venedig zu begeben. Sodann wandte man sich entweder der Schweiz, oder Tirol und Bayern zu. Das Rheinland und die Niederlande bildeten den Abschluß der Grand Tour, die freilich von einigen noch durch Reisen nach Spanien, Österreich, Sachsen, Brandenburg usw. erheblich ausgedehnt wurde.
    Voraussetzungen für ein effektives Reisen waren passable Straßen und die Möglichkeit des häufigen Pferdewechsels an Poststationen. Beides war im Mittelalter nicht mehr vorhanden, und wenn vereinzelt doch, dann am ehesten noch in Italien. Denn es war das Imperium Romanum, das die cursus publicus oder auch cursus vehicularis (öffentlicher oder Wagen - Kurs) genannte Post (und das Reisen damit) schuf, die dann im Italien der frühen Renaissance ihre Wiedergeburt erlebte (Posta; vermutlich von lat. equites depositi, postierte Reiter). Im Jahre 1492 wurde der erste große europäische Postkurs von Innsbruck nach Mechelen (bei Brüssel) eröffnet. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts ging es dann mit Straßenbau und Einrichtung von Poststationen überall in Europa verstärkt voran. Aus Michel de Montaignes Reisetagebuch (vgl. /montaign.htm ) vernehmen wir aus dem Jahre 1580 erstmals von Wagenpferden der Post in Italien, von Post-Reitpferden (Frankreich, Italien) und von zahlreichen Kutschen ("cocchi" und "carrozze") unterwegs und in italienischen Städten. Gute Straßen fand Montaigne nicht nur in Italien vor, sondern auch in Süddeutschland und Tirol (Brenner-Paßstraße).
    Anfangs bedienten sich wohlhabende Reisende eigener oder von Fuhrleuten gemieteter Reitpferde. Der Übergang vom Reiten zum Fahren war ein Prozeß von rund 200 Jahren, in dem das Reiten in dem Verhältnis ab-, wie das Wagenfahren zunahm. Ich setze das Jahr 1750 als Abschluß dieser Entwicklung an: Nun waren alle Städte durch Poststraßen verbunden, und das Kutschenhandwerk lieferte endlich schneller zu fahrende Reisewagen, so daß für die Reichen, wie z.B. Casanova,  etwas anderes als das Fahren im eigenen oder gemieteten Wagen nicht mehr in Frage kam.
    Die Bedeutung der Flußschiffahrt für das Reisen blieb aber erhalten, denn sie verschaffte nach wie vor einen Gewinn an Komfort und Zeit. Dabei nahm man, wie Casanova, häufig auch seinen eigenen Reisewagen mit an Bord.
    Das Wort, daß die Alpen Europa verbinden, und nicht trennen, galt natürlich auch schon damals. Natürlich war man dem Wetter mehr ausgesetzt als heute, und die Strassen waren zweifellos noch gefährlicher. Wir werden aber die Schwierigkeiten nicht mehr überschätzen, wenn wir Montaignes Bericht über die Passage von Innsbruck über den Brenner-Paß nach Bozen zur Kenntnis genommen haben. Er schrieb (1580 in Brixen, durch die Feder seines Dieners):
"Der Herr von Montaigne sagte: Sein ganzes Leben lang habe er dem Urteil anderer mißtraut, wenn die Rede auf die Annehmlichkeiten fremder Gegenden gekommen sei; denn jeder urteile nur nach dem Maßstab seiner eigenen Gewohnheit und versteht nicht über den Kirchturm seines Dorfes hinauszublicken: so habe er sich recht wenig nach den Anweisungen gerichtet, die er von den Reisenden erhalten habe. Aber hier wunderte er sich noch viel mehr über ihre Dummheit, da ihm gerade für diese Reise gesagt worden war, der Übergang über die Alpen sei hier überaus schwierig, die Landessitten seltsam, die Wege unzugänglich, die Unterkunftsverhältnisse barbarisch und das Klima unerträglich. (...) vielmehr würde er, wenn er für seine achtjährige Tochter einen Spaziergangzu suchen hätte, sie ebenso gern hier auf diesen Wegen wie in einer Allee seines Gartens sehen; und was die Gasthäuser anging, so fand er nie eine Gegend, in der sie so dicht gesäet und so schön waren, überhaupt habe er immer in schönen Städten logiert, wohlversehen mit Lebensmitteln und Wein, billiger als anderswo."
    Das sind die Worte eines vernünftigen und positiv denkenden Menschen, der ganz offensichtlich gerne auf Reisen ist. Montaigne behauptete sogar bald darauf, in Rovereto, er habe "ein so großes Vergnügen am Reisen, daß ich es hasse, den Ort des Ausruhens nahe zu wissen". Casanova, der umfassendste Zeitzeuge des Reisens im 18. Jahrhundert, verreiste mit der gleichen Selbstverständlichkeit und Freude wie schon Montaigne, und wie wir heute es normalerweise auch tun.

Casanovas Reisemethoden.
    Es waren genau (oder besser: mindestens) 65.140 Kilometer, die Casanova im Laufe seines Lebens auf Reisen zurücklegte. Er bediente sich dabei aller nur möglichen Transportarten (es fehlt nur die von ihm nicht benutzte italienische "Cambiatura"). Besonders auffällig ist der häufige Gebrauch eigener oder gemieteter Wagen:
    37.205 Kilometer von insgesamt 55.240 km über Land, d.h. zu fast 67 %, reiste Casanova "Extra-Post" in seinen eigenen Wagen (51 %), in Privatwagen von Freunden oder in Mietwagen.
    In den Zeiten geringeren Wohlstands war er genötigt, sich vor allem der Postkutsche zu bedienen; mit diesen öffentlichen Kurswagen legte er insgesamt 13.105 km oder 24 % zurück.
    Nimmt man die erwähnten privaten (C, K, L) und öffentlichen Reisemethoden (P) zusammen, so ergibt sich, daß Casanova auf dem Lande zu fast 90 % mit der Post reiste - Triumph eines Transportsystems, das erst Casanovas Generation in diesem Umfang zugute kam.
Symbol - Kilometer bis 1774 - Kilometer ab 1774 - km gesamt - Reisemethoden
_____________________________________________________________________
A - 25 - - - - - - -  0 - - - - - - 25 - - -  Esel
B - 30 - - - - - - -  0 - - - - -   30 - - -  Schlitten (Alpen)
Z - 60 - - - - - - -  0 - - - - - - 60 - - -Tragstuhl (Alpen)
T - 110 - - - - - -  0 - -  - -   110 - - -  Per Anhalter
M - 220 - - - - - - 0 - -  -  -  220 - - -  Maultier
H - 250 - - - - - -  0 - -  - -  250 - - -  Pferd
F - 275 - -  - - - - 0 - -  - -   275 - - - Zu Fuß
? - 1.060 - - - - -  0 - - - - 1.060 [* Zwei Reisen (Venedig - Rom 1744/45), die
                                                                    i. d. Memoiren nicht erwähnt werden.]
R - 1.280 - - - - 180 -  - -  1.460 - - - Schiff, Binnengewässer
V - 2.900 - - - -  - 0 - -  -  2.900 - - - Fuhrmann / Vetturino
L - 3.475 - - - -  245 - - -  3.720 - - - Mietwagen
K - 3.300 -  -  3.050 - - -  6.350 - - - Privatwagen anderer
S - 8.440 - - - - - - 0 - - -  8.440 - - - Schiff, zur See
P - 7.850 -  -- 5.255 - - - 13.105 - - - Postwagen, Postkutsche
C - 22.265  -- 4.870 - - - 27.135 - - - Casanovas Reisewagen
Summen:   51.540 - 13.60065.140km

Sein Leben, dargestellt an Hand einer
LISTE VON CASANOVAS REISEN.
1.)  Berichtszeitraum der Memoiren  .  2.)  1774 bis 1798   .
    Giacomo Casanova wurde am 2. April 1725 als Sohn eines Schauspieler-Ehepaares in Venedig geboren. Er studierte in Padua und promovierte 1742 zum Doktor der Rechte.
    Zeitlebens war er soviel auf Achse, dass man seine Lebensdaten gut über seine Reisen vermitteln kann, denn Sesshaftigkeit war die Ausnahme (hier extra vermerkt).
    1756 floh er als erster aus den "Bleikammern" des Dogenpalastes in Venedig, was ihn in ganz Europa berühmt machte. Nachdem er in Paris als Lottoeinnehmer und in Amsterdam mit Hilfe seines Orakels zu viel Geld gekommen war, führte er noch zehn Jahre lang ein höchst abwechslungsreiches Abenteurerleben.
    1774 durfte er nach Venedig zurückkehren, musste die Stadt 1782 erneut verlassen, fand 1784 eine Anstellung in Wien und landete schließlich 1785 in Schloss Dux (bei Töplitz in Nordböhmen) in einträglicher und bequemer Stellung als Bibliothekar des Grafen Waldstein.
    Nun entwickelte er eine fieberhafte schriftstellerische Tätigkeit, die in der Niederschrift der "Geschichte meines Lebens" gipfelte. Er starb in Dux am 4. Juni 1798.
1.: Im Berichtszeitraum der Memoiren (1725 - 1774).
Nr.     Jahr     Memoiren Bd. I-XII    Stichwort In Begleitung von...      Strecke
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I. Lern- und Wanderjahre (bis zum 21. Lebensjahr):
Wohnt in Venedig, ab 1734 auch in Padua.
1. 1734  I StudienMutter Zanetta Casanova, Grimani, Baffo  Venedig - Padua - Venedig.
(Die erste Reise des neunjährigen Schulanfängers. Die vielen weiteren Besuche Paduas von Venedig aus (30 km) werden nicht mehr extra aufgeführt.)
Die Reisen 2. - 6. nach Zeit u. Verlauf teilweise abweichend von Casanovas Angaben, dafür nach dem heutigen Stand der Forschung.
2. 1741/42 II  Constantinopel Venedig - Kithira - Constantinopel - Korfu - Venedig.
3. 1742 & 1743  I Lucia / Hilfreiches Gewitter   Venedig - Treviso - Pasiano di Pordenone - Venedig.
4. 1743/44  I  Abbé Bellino-Teresa Venedig - Ancona - Rom - Rimini - Venedig.
5. 1744/45 I  Sekretär Lucrezia Venedig - Rom - Martirano / Kalabrien - Neapel - Rom - Venedig.
6. 1745 II  Korfu Venedig - Korfu - (Constantinopel?) - Otranto - Korfu - Venedig.

II. Zeit großen Wohlstands (Bragadin-Rente; 22. bis 44. Lebensjahr):

Wohnt von 1746 - 1750 in Venedig.
7. 1749 II Magie / Henriette  Henriette Venedig - Mailand - Mantua - Cesena - Parma - Genf - Venedig.
8. 1750 III Paris Balletti Venedig - Lyon - Paris.
Wohnt von 1750 - 1752 in Paris (Bild rechts: sein Französischleher Crébillon d. Ä.).
9. 1752/53 III Theater Francesco Casanova Paris - Dresden - Prag - Wien - Venedig.
Wohnt von 1753 - 1756 in Venedig.
10. 1756 IV  Flucht aus dem Dogenpalast Balbi; Mme Rivière Venedig - München - Straßburg - Paris.
Wohnt von 1757 - 1759 in Paris (Bild rechts: König Louis XV).
11. 1757  V  Geheimagent Paris - Dünkirchen - Paris.
12. 1758  V  Finanzier Paris - Amsterdam - Paris.
13. 1760  V  Esther / Vergnügungsreise Paris - Amsterdam - Köln - Stuttgart.
14. 1760  VI  Flucht / Vergnügungsreise Mme Dubois Stuttgart - Zürich - Solothurn - Roche - Genf.
15. 1760  VII  Vergnügungsreise Rosalie Genf - Marseille - Pisa - Neapel - Rom.
16. 1761  VII  Vergnügungsreise Rom - Bologna - Turin - Paris.
17. 1761  VIII Diplomat Paris - Augsburg - München - Basel - Paris.
18. 1762  VIII Magie La Corticelli; Mme d'Urfé; Mimi   Paris - Metz - Paris - Aachen - Sulzbach (bei Colmar) - Genf - Lyon - Turin.
19. 1763  VIII Magie La Crosin; Rosalie; Marcolina   Turin - Genf - Mailand - Genua - Marseilles - Lyon.
20. 1763  IX  Richtung London  Adèle Lyon - Nevers - Paris.
21. 1763  IX  London Aranda / Giuseppe; Pauline   Paris - Calais - London.
wohnt 9 Monate in London.
22. 1764  X  Friedrich II. (Bild rechts)Redegonda London - Wesel - Wolfenbüttel - Berlin.
23. 1764  X  Katharina IIZaira Berlin - Mitau - St.Petersburg - Moskau - St.Petersburg.
wohnt 9 Monate in St. Petersburg.
24. 1765 X  König Stanislaus La Valville St.Petersburg - Warschau - Crystinopol - Warschau.
wohnt 9 Monate in Warschau.
25. 1766  X  Nach dem Duell  Maton; La Castel-Bajac Warschau - Leipzig - Dresden - Prag - Wien.
26. 1767  X  Wien: ausgewiesen Charlotte Wien - Augsburg - Ludwigsburg - Spa - Paris.
27. 1767  X  Paris: ausgewiesen  Paris - Pamplona - Madrid.
wohnt 10 Monate in Madrid.
28. 1768 XI  Nina Madrid - Zaragoza - Valencia - Barcelona.
wohnt 3 Monate in Barcelona.
29. 1768/69  XI Meuchelmörder Barcelona - Aix-en-Provence.

III. Warten auf die Rückkehr nach Venedig (44. bis 50. Lebensjahr):

30. 1769  XI  Buchdruck Aix-en-Provence - Nizza - Lugano.
31. 1769/74  XI / XII Heimweh Betty Lugano - Turin - Neapel - Rom - Florenz - Bologna - Ancona -Triest.

wohnt für einige Monate in Florenz u. Bologna, und von 1772 bis 1774 in Triest.

2.: Vom September 1774 bis zu seinem Tode 1798.
(Insgesamt 13.600 km.)

Nr.  Jahr  Monat(e)    (Reiseart *,  Kilometer)      Strecke
Anmerkungen
_____________________
* C = Casanovas Wagen; K = Privatwagen; P = Postwagen; R = Schiff.
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IV. Wieder in Venedig (50. bis 58. Lebensjahr) - 1.180 km - :

1.    1774 September   (P, 200 km)  Triest - Görz - Venedig.
Ankunft in Venedig am 14. September.
2.    1776 Dezember  (P, 400 km) Venedig - Triest - Venedig.
"In geheimer Mission".
3.    1779 Juni/Juli   (K, 490 km)  Venedig - Bologna - Forli - Cesena - Imola - Bologna - Venedig.
Mit Konsul Del Bene, im Auftrag der venezianischen Inquisitoren.

Das Schloss in Dux, Parkseite.
4.    1780 Juli  (P, 90 km)  Venedig - Abano Terme - Venedig.

V. Auf der Suche nach einem Alterssitz (58. bis 61. Lebensjahr) - 7.285 km - :

(Schilderung aller Quellen: "Casanova between Venice and Dux (1782-1785)".)

5.     1782 September  (P, 400 km)  Venedig - Triest - Venedig.
Ein Monat Aufenthalt in Triest.
6.     1783 Januar  (P, 700 km)  Venedig - Triest - Wien.
In Wien ungefähr fünf Monate.
7.     1783 Juni  (P, 700 km) Wien - Triest - Venedig.
Eine Woche in Udine, eine weitere in Mestre. - ( Reisen 7. - 10.: Casanovas letzte "Grand Tour".)
8.     1783 Juni-Sept. (P, 955 / C15, 560 / R, 180 / K, 375 / zus. 2.070 km)   Venedig - Frankfurt - Spa - Amsterdam - Paris.
Von Innsbruck nach Mainz: sein Reisewagen C15  "Innsbruck". - November: in Fontainebleau.
9.     1783 Nov.-Dez. (C16, 1.360 km) Paris - Frankfurt - Regensburg - Wien.
Die ganze Reise mit seinem Bruder Francesco und in ihrer eigenen Reisekutsche C16 "Paris 4".
10.     1783/84 Dez.- Februar   (P, 1.435 km)    Wien - Prag - Dresden - Berlin - Dessau - Leipzig - Dresden - Brünn - Wien.
Wohnt in Wien von Februar 1784 bis Juli 1785. Ausflüge 1784 nach Meidling (im Mai Marr [16 F 12]), Baden, u. 1785 Wiener Neustadt.
11.     1785 Juli-Sept. (P, 375 / L, 245 / zus. 620 km)   Wien - Brünn - Czaslau - Prag - Carlsbad - Töplitz - Dux.
Sept.: Ankunft im letzten Wohnort Dux.

VI. Im Schloß Dux des Grafen Waldstein (61. bis 74. Lebensjahr) - 5.135 km - :

Anmerkung:
Die folgenden Reisen - alle im eigenen oder des Grafen Wagen - kosteten Casanova allein für Postpferde und Postillone 1.480 Gulden oder umgerechnet 44.400 engl. Pence / Euro, das sind pro Monat 308 Pence im Durchschnitt. Sein Monatsgehalt als Bibliothekar lag offenbar (nach Rives Childs) bei 83,33 Gulden oder 2.500 Pence. Hinzu kamen noch zahlreiche Vergütungen seines großzügigen Dienstherrn, tatsächlich ein Freund und Mäzen, denn für ihn arbeiten mußte er kaum. Im Gegenteil, Casanova sollte sich ganz seinem literarischen Schaffen widmen können, das dann auch - bekanntlich - gewaltig ausfiel.
So kann nicht nur seine finanzielle, sondern auch seine gesamte restliche Lebenssituation als äußerst günstig angesehen werden.

12.     1786 Juli     (C17, 250 km)    Dux - Carlsbad - Dux.
Auf Graf Waldsteins Wunsch und mit dessen Wagenpferden [Marr 14 M 1] für Casanovas Wagen C 17 "Dux".

Im benachbarten Töplitz ist Casanova häufig Gast beim Fürsten Clary-Aldringen. Das Foto (von M. Leeflang) zeigt Erbprinz Karl Joseph, genannt Lolo, der ab 1795 in seinen Tagebüchern über diese Besuche berichtet.
13.     1786 Oktober   (C17, 220 km) Dux - Prag - Dux.
14.     1786 Dezember    (C17, 150 km)    Dux - Dresden - Dux.
15.     1787 Juli - 1788 Sept.    (C17, 660 km)        Dux - Prag - Dux.
Von Juli 1787 bis Sept. 1788 war er meistens in Prag; ich rechne drei Reisen zw. Dux und Prag. - Er traf Lorenzo Da Ponte wieder; 29. Okt. '87: Uraufführung von "Don Giovanni". - Druck von "Icosameron" und "Histoire de ma fuite".
16.     1788 Sept.-Okt. (C17, 570 km)  Dux - Prag - Leipzig - Dresden - Dux.
Oktober, Abreise aus Dresden: wird von der Wache verdächtigt,  Corregios "Magdalena" gestohlen zu haben [cf. L'Ermitage, revue des litt. etd'art, 15. Okt. 1906; u. Laf. Bd. III, S. 1185 f.].
17.     1789 Januar    (C17, 240 km)    Dux - Prag- Laun - Dux.
In Laun hatte er einen Wagenunfall [cf. Marrco 40-139;und Intermédiaire viii, pp 31-32: Casanovas Brief an seinen Neffen Carlo Casanova]. 27. Juni 1789: er erwähnt seinen eigenen Wagen in dem "Essay d'Égoisme" [Marr 16-36] (hier als C17 "Dux" bezeichnet).- Begann mit der Niederschrift seiner Memoiren.
18.     1790 Mai/August      (C17, 470 km)    Dux - Dresden - Sagan - Dresden - Dux.
Bis August in Dresden. Druck von "Solution du problème déliaque". - Reise nach Sagan: sein Brief an Antonio Collalto vom 2. Juli 1790 aus Dresden.
19.     1791 Mai    (C17, 150 km) Dux - Dresden - Dux.
20.     1791 September   (C17, 240 km) Dux - Prag - Dux.
Am 6. Sept.: Krönung von Leopold II. in Prag. - 31. 12. 1791 - Mai 1793: Casanova wohnte in Oberleutensdorf (Graf Waldsteins Textilfabrik, in der Nähe von Dux). - September 1792: Besuch von Lorenzo Da Ponte.
21.     1795 Sept.-Dez.  (K, 805 km) Töplitz - Leipzig - Weimar - Leipzig - Berlin - Dresden - Dux.
Mit seinem geliebten Windspiel "Mélampige II". Als er im Dezember in Dresden war, starb sein Bruder Giovanni. [Cf. Marr 16 K 2, Liste von Gepäck und Reisesachen. Weimar: Ligne, Fragment sur Casanova.]
22. 1796 Juni? (K, 860) Dux -Wien - Dux.
Diese Reise wird von Meissner erwähnt (Information von Helmut Watzlawick). Vermutlich traf er seinen Bruder Francesco, als er das berühmte  Porträt malte.
23.     1796 September   (K, 150 km) Dux - Dresden - Dux.
Er traf seinen alten Freund Antonio della Croce, und Montevecchio [Marr 8-102: Teresa Casanovas Brief vom 8. September 1796].
24.     1797 März/April   (K, 370 km)     Dux - Prag - Dresden - Dux.
In Prag traf er Meissners Großvater. In Dresden Druck von "Lettre à Léonard Snetlage".


 
 

Santa Barbara Friedhof und Kapelle in Dux: etwa an der Stelle, über der sich im Sommer 1999 der Greifarm des Baggers erhebt, war Casanovas Grab. Seine Gebeine jedoch wurden schon vor über hundert Jahren exhumiert; über ihren Verbleib ist nichts bekannt (Foto: Marco Leeflang).
 


Thomas Nugent: Reisearten.
Auszüge aus: Thomas Nugent, "The Grand Tour", London, 1749, 1756 und 1778
(identische Auflagen); "Manners of travelling in ... ".
Nicht nur über die Transportmöglichkeiten, sondern auch über Verkehrswege, Postgesellschaften, Gasthäuser usw. in Holland, Deutschland, Italien und Frankreich können wir uns hier aus erster Hand informieren. Interessant ist auch, daß für Deutschland und Italien ausdrücklich der Gebrauch von eigenen Reisewagen empfohlen wird.
[Übersetzung, Fettdruck und Anmerkungen zwischen [ ] sind von mir.]
    I. Art des Reisens in Holland.
     (Bd.I,S.48f.) Die übliche Art in Holland zu reisen, und in den meisten Ländern der Vereinigten Provinzen, sowie in vielen Provinzen der Österreichischen und Französischen Niederlande, ist in Treidelschiffen (Treck-scoots, or Draw-boats), das sind große bedeckte Boote, nicht viel anders als die Barken der Zunftgesellschaften in London, von einem Pferd gezogen, mit drei Meilen die Stunde; der Fahrpreis beträgt weniger als ein Penny pro Meile [0.62 Pence (d.) pro km; vgl. hier "Währungen"] (...). Nach etwas mehr als der Hälfte der Strecke kommt ein Kerl herum mit einem Hut und sammelt das Geld ein; falls dann noch irgendein Unglück geschieht, muß man sehen, wie man weiter kommt, aber das Geld ist weg. (...). Täglich kann man so zu fast jeder Stadt in Holland reisen, und zu den bedeutenden fast zu jeder Stunde; zur Abfahrtszeit wird eine Glocke geschlagen, und dann warten sie keinen Augenblick mehr zu, selbst wenn sie den Passagier kommen sehen. (...).
     Dann gibt es noch ein anderes Fahrzeug, das von den meisten Hauptstädten abgeht, und der Postwagen (post-waggon) genannt wird: er ist recht leicht, sodaß er normalerweise von nur drei Pferden gezogen wird; er ist genauso flink wie unsere Postkutschen (stage-coaches). (...).
     Die Kanäle, Brücken, Landstraßen und Fahrdämme bzw. Chausseen (canals, bridges, causeys, and highways) werden immer in ausgezeichnetem Zustand erhalten, so daß die Fahrten billig und die Preise der Waren angemessen sind. (...).
     Was die Gasthäuser (inns and public houses) an der Straße betrifft, kann man sicher sein, sauberes Leinen und weiche Betten vorzufinden; aber ihre Bettstellen, oder vielmehr Kabinen in den Wänden, sind so hoch angebracht, daß jemand seinen Hals brechen kann, falls er herausfällt. Außerdem muß ein Reisender mit einem halben Dutzend oder mehr Leuten im gleichen Raum liegen, und die ganze Nacht hindurch gestört werden, wenn ein knauseriger Wirt das so will. Allerdings stimmt es, daß man in den Städten vornehmer wohnt. Mit einem holländischen Wirt gibt es keine Diskussion (...). Deshalb würde ich allgemein ein englisches Haus vorziehen, weil (...) ich dann das Vergnügen von auf englische Art zubereiteten Speisen habe; außerdem gibt man sein Geld an Landsleute aus und hat es mit vernünftigen Leuten zu tun.
    II. Art des Reisens in Deutschland.
     (Bd.II,S.66ff.) In Deutschland zu reisen ist billiger als in den meisten Ländern Europas. Die Unterkünfte an der Straße sind allgemein ziemlich schlecht, sowohl die Verpflegung als auch das Wohnen; nur sehr wenige Gasthäuser (außer in einigen Ländern, wie Sachsen und Österreich) sind gut auf Reisende eingestellt. Sauberes Stroh ist noch das beste Bett, das man an sehr vielen Orten bekommen kann, besonders in Westfalen, wo Leute aller Stände, Männer, Frauen und Kinder, bunt gemischt zusammenliegen. In ihren Häusern sieht man selten ein Feuer, außer in der Küche; aber die Räume werden durch Öfen beheizt, wenn auch nicht immer ausreichend. Eine Sache gibt es, die für sie ganz typisch ist: sie decken sich nicht mit Bettüchern zu, sondern legen ein Federbett über, und ein anderes unter sich. Das ist im Winter komfortabel, aber wie sie ihre Federbetten über sich im Sommer aushalten, wie es allgemein praktiziert wird, kann ich mir nicht vorstellen.
     Ich erinnere mich an eine in Deutschland gehörte diesbezügliche Geschichte, die in sich etwas sehr unterhaltsames hat. Als im letzten Jahrhundert die französischen Protestanten ihr Land verlassen mußten, wurden Schutzsuchende insbesondere von den Schweitzern mit größter Gastfreundschaft empfangen. Als einige arme Franzosen in ihr Schlafzimmer geführt wurden, und der beiden übereinander liegenden Federbetten gewahr wurden, stellte sich einer vor, aus Platzmangel müßten hier die Leute einer über dem anderen liegen. Daraufhin wandte er sich an den Zimmerdiener mit der Bitte, er möge ihm einen der leichtesten Kameraden zuteilen, da er es nicht gewohnt sei, in dieser Art zu liegen.
     Es gibt kein Land in Europa, wo die Post besser verwaltet wird als in Deutschland. Üblicherweise reist man in Maschinen, die sie Postwagen (post-waggons) nennen, und diese Bezeichnung verdienen sie wahrhaftig. Sie sind nur etwas besser als gewöhnliche Karren, mit Sitzen für die Passagiere, ohne irgendein Dach, außer in Hessen-Kassel, und einigen wenigen anderen Gegenden. Sie kommen nur langsam voran, nicht viel mehr als drei [Englische] Meilen die Stunde [4,5 km/h], und was für die Passagiere noch unangenehmer ist, sie traben Tag und Nacht, in Sommer und Winter, Regen oder Schnee, bis sie ihr Ziel erreicht haben. Im Winter, wenn es sehr kalt ist, hält der Postillon ziemlich oft vor Gasthäusern an, denn es ist üblich, daß die Passagiere sich aufwärmen dürfen, aber etwas anderes als ein Glas Branntwein oder eine Tasse Kaffee kann man kaum wo weder für Geld noch gute Worte bekommen. (...). Diejenigen, die es sich leisten können, sollten eine Chaise oder ein Coupé (chaise or chariot) für sich selbst kaufen, und Postpferde mieten, also Extra-Post (extraordinary post) reisen, wie sie es nennen. Das ist unendlich viel besser (...).
     Ganz allgemein sind die Straßen sehr schlecht, so daß das Reisen bei schlechtem Wetter ein großes Elend bedeutet. (...). Deshalb kommen die Postwägen auch nicht mehr als achtzehn Meilen pro Tag [knapp 30 km] voran. Obwohl der Postwagen tag und nacht fährt, manchmal durch große Wälder, beladen mit Geld und anderen Wertsachen, und obwohl die Passagiere und der Postillon häufig eingeschlafen sind, hört man doch kaum von Raubüberfällen und noch weniger von Morden.
     In den Erbländern des Hauses Habsburg gibt es keine Postwägen; daher müßen Reisende an den Poststationen oder von anderen Leuten Chaisen mieten, oder sich welche kaufen. (...).
    III. Art des Reisens in Italien.
     (Bd.III,S.36ff.) In Europa gibt es kein Land, wo Reisen so vergnüglich und fortschrittlich ist wie in Italien. Wir brauchen uns hier nicht weiter (...) über dieses glückliche Land auslassen (...). Allgemein ist es angenehm, in Gesellschaft zu reisen (...), in Italien jedoch nicht empfehlenswert, da in den zumeist miserablen Gasthäusern für eine zahlreiche Gesellschaft häufig weder genug Betten noch genug Verpflegung vorhanden sind. Daher ist es für die, die kein komplettes Bett mit sich führen, empfehlenswert, jedenfalls eine leichte Steppdecke, ein Kopfkissen, einen Bettüberzug und zwei sehr feine Bettücher dabei zu haben (...) oder (...) mit Laken zu reisen, damit man sie jedenfalls über frisches Stroh - falls vorhanden - angesichts verdächtig aussehender Betten in schlechten Herbergen legen kann. (...).
     Die beste Art, in diesem Land zu reisen, ist mit einer eigenen Kalesche (...). Pferde dafür kann man von der Post direkt oder über die Cambiatura bekommen.
    IV. Art des Reisens in Frankreich.
     (Bd.IV,S.19f.) Nirgends ist Reisen so angenehm wie in Frankreich, und zwar bezüglich sowohl der Fahrzeuge als auch der Unterkünfte unterwegs. Auf den Flüssen verkehren Treidelschiffe, das sind große, von Pferden gezogene Boote. Vier Arten von Wagen gibt es: Post-Chaisen, die Karosse oder Postkutsche, die Coche, und die Diligence oder Eilkutsche. Ihre Post-Chaisen sind ungefähr wie bei uns und sind überall und jederzeit im Königreich zu haben. (...) Die Poststationen sind selten über eineinhalb, oder zwei Posten, lang, und dann wechselt man Pferde und Postillon.
     Die Karosse ähnelt unserer Postkutsche (stage-coach), hat Platz für sechs Passagiere, ist aber nicht so schnell, und oft zu beladen mit Waren und Gepäck. Die Coche ist eine große und schwere Maschine, für Fracht und Personen; sie ist lang gebaut, hat Fenster an den Seiten und kann normalerweise sechzehn Passagiere fassen (...). Die Diligence (...) unterscheidet sich wenig von der Karosse (...) nur daß sie viel schneller ist. Sie verkehrt hauptsächlich zwischen Paris und Lyon, und Paris und Brüssel; die Preise sind festgelegt.
     Bezüglich der Verpflegung unterwegs (...), mit der Postkutsche, erhält man, wie bei uns, hervorragende Mahlzeiten zu festen Preisen; die Ausgaben überschreiten selten fünf oder sechs Livres [50 oder 60 d.] am Tag.

Fortsetzung: "Die Post", bis "Schiffe" (Teil II).

Copyright by Hartmut Pablo Günther, Lindenberg 2021.



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